Horváths Fräulein Pollinger (1929)

„Sie wehrte sich nicht.
So nahm er sie, denn sonst hätte er sich übervorteilt gefühlt, obwohl er bereits in Feldafing bemerkt hatte, dass sie ihn niemals besonders aufregen könnte, da sie ein Typ war, den er bereits durch und durch kannte, aber er fühlte sich verpflichtet, sich ihr zu nähern, weil sie nun mal in seinem Auto gefahren ist und weil er ihr ein Wiener Schnitzel mit Gurkensalat bestellt hatte, ganz abgesehen von seiner kostbaren Zeit zwischen fünf und neuneinhalb Uhr, die er ihr gewidmet hatte.
Sie wehrte sich nicht und es war ihr klar, dass sie so tat, weil sie nun mal in seinem Auto gefahren ist und weil er ihr ein Wiener Schnitzel mit Gurkensalat bestellt hatte. Nur seine Zeit fand sie nicht so kostbar, wie er.“

Ödön von Horváth: Sechsunddreißig Stunden, Paderborn 2012, S. 62.

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