Haas‘ Wolf Haas (2006)

Literaturbeilage: […] Und in fünfzehn Jahren, da kann doch eine Menge passiert sein. Lukki hätte sich ja in fünfzehn Jahren schon hundertmal in eine andere Frau verleiben können.
Wolf Haas: Na ja, Sie kennen Anni nicht.
Literaturbeilage: Das reicht mir nicht als Erklärung. In fünfzehn Jahren kann doch-
Wolf Haas: Er hat es aber gewusst! So etwas weiß man eben in so einer Situation.
Literaturbeilage: Sie meinen, er spürt es.
Wolf Haas: (lacht) Genau, er spürt es! Männer spüren auch manchmal was. So wie ein Schnitzel.
Literaturbeilage: Schnitzel?
Wolf Haas: In der Wiener U-Bahn hat es vor Jahren so eine Vegetarierkampagne gegeben, also Werbeplakate gegen das Fleischessen. Da hat man ein armes Tier beim Schlachter gesehen und darüber ist gestanden: „Ihr Schnitzel hatte Gefühle.“
Literaturbeilage: Ekelhaft!
Wolf Haas: Na ja, und wenn er es nicht gespürt hätte –
Literaturbeilage: Bei Männern ist es dann natürlich kein Spürterror!
Wolf Haas: – dann hätte er es eben spätestens am nächsten Morgen erfahren. Als Anni an Lukkis Seite strahlend in den Frühstücksraum geschwebt kam.“

Wolf Haas: Das Wetter vor 15 Jahren, Hamburg 2006, S. 130.

Horváths Fräulein Pollinger (1929)

„Sie wehrte sich nicht.
So nahm er sie, denn sonst hätte er sich übervorteilt gefühlt, obwohl er bereits in Feldafing bemerkt hatte, dass sie ihn niemals besonders aufregen könnte, da sie ein Typ war, den er bereits durch und durch kannte, aber er fühlte sich verpflichtet, sich ihr zu nähern, weil sie nun mal in seinem Auto gefahren ist und weil er ihr ein Wiener Schnitzel mit Gurkensalat bestellt hatte, ganz abgesehen von seiner kostbaren Zeit zwischen fünf und neuneinhalb Uhr, die er ihr gewidmet hatte.
Sie wehrte sich nicht und es war ihr klar, dass sie so tat, weil sie nun mal in seinem Auto gefahren ist und weil er ihr ein Wiener Schnitzel mit Gurkensalat bestellt hatte. Nur seine Zeit fand sie nicht so kostbar, wie er.“

Ödön von Horváth: Sechsunddreißig Stunden, Paderborn 2012, S. 62.

Roths Oberst Kovacs (1932)

„Oberst Kovacs sah schließlich von der Dominopartie auf und gab Trotta die Hand. „Schon gegessen?“ frage er. „Schade“, sagte er weiter und sein Blick verlor sich in einer rätselhaften Ferne: „Das Schnitzel war heute ausgezeichnet.“ Und „ausgezeichnet!“ wiederholte er eine Weile später. Es tat ihm leid, daß Trotta das Schnitzel versäumt hatte. Er hätte es dem Leutnant gern noch einmal vorgekaut; zumindest zugesehen, wie man eines mit Appetit verzehrt. „Na, gute Unterhaltung!“ sagte er schließlich und wandte sich wieder den Dominosteinen zu.“

Joseph Roth: Radetzkymarsch, Hamburg 2011, S. 71.

Musils Diotima (1932/1942)

„Das Unterrichtsministerium läßt ihr doch kaum noch andere Aufgaben über, als zu entscheiden, ob in dem Festzug die vaterländische Gruppe „Wiener Schnitzel“ mitmarschieren soll oder auch eine Gruppe „Rostbratl mit Nockerln“ -“
Ulrich unterbrach ihn misstrauisch. „Nun sagst du Unterrichtsministerium? Und gerade hast Du erzählt, daß auf die Aktion das Außenministerium Beschlag gelegt hat!“
„Aber schau, vielleicht sind die Schnitzel sogar Sache des Ministeriums des Innern. Oder des Handelsministeriums. Wer weiß denn das im voraus!“ belehrte ihn Stumm. „Der Weltfriedenskongreß als Ganzes gehört aber jedenfalls zum Ministerium des Äußeren, soweit er nicht minder zu den zwei Ministerrats-Präsidien gehört.“

Robert Musil: Der Mann ohne Eigenschaften, Bd. 2, Reinbeck bei Hamburg 2000, S. 1132.